Gegenstand der Farbpsychologie ist die Erforschung der Wirkung von Farben auf menschliches Verhalten, Emotionen und mentale Prozesse. Farbe beeinflusst stärker als andere Komponenten die Art und Weise, wie wir Information aufnehmen – vor allem im Vergleich zu geschriebener Information oder zu Symbolen. De facto ist die Komposition bei gutem Grafik-Design immer ein Prozess, bei dem all das Hand in Hand geht, doch zerlegen wir das Gesehene, so schneidet Farbe als dominanter Faktor ab. Wassily Kandinsky (der berühmte russische Maler, Grafiker und Kunsttheoretiker) fomulierte es so: „Farbe ist die Kraft, die die Seele direkt beeinflusst.”
Wichtig ist hier zu erwähnen, dass die Arbeitsweise des visuellen Systems im Gehirn im Zusammenspiel mit dem Gefühlszentrum noch nahezu unerforscht ist – unser Auge liefert visuelle Reize (in unserem Fall Farbe), das Gehirn verknüpft diese dann dann mit dazugehörenden Erinnerungen bzw. Erfahrungen. Bemerkenswert ist jedenfalls die augenscheinliche Nähe von Farbe zum emotional-seelischen Bereich.
Psychologisch funktioniert die Farbwahrnehmung auf zweierlei Art:
- Assoziationen werden hervorgerufen, also mentale Elemente wie Vorstellungen, Erinnerungen, Konnotationen aktiviert (wie zB Sonne = warm)
- Gefühle werden aktiviert (gefühlte subjektive Farbwirkung). Farbe kann dabei auf der Gefühlsebene auf vergangene Erfahrungen zurückgreifen und diese reaktivieren (warme Somme = angenehm).
Werbung und Grafik-Design – die Unterschiede
Farbpsychologie arbeitet daher mit zutiefst menschlichen Parametern, die durchaus „unter die Haut“ gehen können (weil mit seelischen Wirkungen verknüpft). Hier kommt gutes Grafik-Design auf den Plan, das um diese Wirkungen weiss, diese aber nicht manipulativ einzusetzen gedenkt. Gutes Grafik-Design möchte informieren, eine Botschaft so einfach wie möglich auf den Punkt bringen – aber ohne dabei mit zB Ängsten oder Sehnsüchten spielen.
Dies ist eine der wesentlichen Unterschiede zur Werbepsychologie, die ganz bewusst auf gelernte Schlüsselpunkte menschlichen Erlebens zurückgreift – je stärker emotional aufgeladen, desto besser (was man als durchaus manipulativ verstehen kann). Wer je in einer Werbeagentur gearbeitet hat, weiss, wie sehr Werbung und Grafik-Design auseinanderliegen; gutes Grafik-Design möchte informieren und via guter Argumente verkaufen, Werbung verkauft per se – auch wenn die Argumente an sich gar nicht so schlagend sind. Überspitzt formuliert versucht Grafik-Design den „wahren Kern“, die „Seele“ des Inhalts zu vermitteln, Werbepsychologie möchte mit formaler Schönheit punkten.
Hier noch ein persönliches Statement dazu: ich war wahrhaft froh, 2007 mein eigenes Studio für Grafik-Design zu gründen und damit die reine Werbegrafik zu umschiffen – mit der Entwicklung von Logos, Corporate Design, Firmenauftritten und Markenidentitäten.