Farbkomposition
Das Kompositionselement Farbe ist per se einer der Hauptakteure des Grafik-Designs – auch hier wieder in Bezug zum Inhalt gesehen, der gestaltet werden soll. Beziehungen von Farben zueinander können prinzipiell gesprochen gegensätzlich (daher kontrastiv) oder aber harmonisch sein. Kontrastiv sind etwa Farben mit unterschiedlicher Buntkraft (zB Rot zu Blau), Komplementärfarben sowie Farben mit starkem Hell-Dunkel- bzw. Warm-Kalt-Kontrast. Als harmonisch werden Farbkombinationen angesehen, die im Farbkreis eng beieinander liegen und sich in Farbhelligkeit und Farbintensität ähnlich sind.
1. Hell-Dunkel-Kontrast
Bei dieser Form der Komposition ist das grundlegende Gestaltungselement die unterschiedliche Verteilung von Helligkeitswerten (in unserem Fall der von Schwarz-Weiss, siehe Beispiel 1). Deutlich sichtbar wird in diesem Beispiel, dass unterschiedliche Helligkeitswerte immer unterschiedliche Gewichtungen haben – auch wenn jedes Quadrat gleich groß ist, wird unser Blick überwiegend zu den dunkleren Teilen tendieren. Dieses Phänomen kann für Grafik-Design gezielt genutzt werden.
Kontrast beschreibt den Unterschied zwischen den helleren und dunkleren Bereichen einer Komposition, wobei kontrastreich (im Sinne von Hell / Dunkel, Schwarz / Weiß) visuell immer eine stärkere Gewichtung darstellt (Beispiel 2).
Bei einer Schwarzweißzeichnung (daher bei der Arbeit in nur einer Farbtonalität) erzeugt bereits die Verschiedenartigkeit der Striche durch leichteren oder kräftigeren Druck des Stiftes die Kompositionslinien im Bild. Die dergestalt ausgeführte Verteilung von Licht- und Schattenbereichen ist hier (da wir ja mit keinerlei Farbe arbeiten) das elementare Kompositionselement an sich, das auch perspektivische Wirkung erlaubt (Beispiel 3).
2. Farbe-an-sich-Kontrast
Gemeint sind hier kontrastive Farben mit unterschiedlicher Buntkraft. Klassisches Beispiel hier ist zB das Verhältnis von Rot zu Blau bzw. das Verhältnis von Grün zu Violett: diese Farben haben jeweils stark unterschiedliche Buntkraft, resultierend aus den Farben, aus denen sie bestehen. Generell gesprochen fehlt bei diesen Kombinationen dem Partner jeweils eine Farbe, die der andere hat (siehe Beispiele rechts). Den einfachsten, stärksten und auch wichtigsten Kontrast bilden bei Itten die Primärfarben Rot, Gelb und Blau.
3. Kontrast via Komplementärfarben
Komplementärfarben (oder auch „Gegenfarben“) liegen sich im Farbkreis genau gegenüber (zB Violett zu Gelb, Hellorange zu Blau, siehe auch allererstes Bild hier im Beitrag). Eine der Unterschiede zu den Farben in Punkt 2 besteht darin, dass sich Komplementärfarben beim Zusammenmischen gegenseitig auslöschen (bei den sog. Körperfarben entsteht ein neutrales Grau-Schwarz), die Farben in Punkt 2 hierbei aber Braun ergeben. In der Komposition zeichnen sich Komplementärfarben durch ihre maximale Kontrastfähigkeit aus, die sie bei Bedarf zB zu Zugpferden einer dynamischen Unternehmensidentität machen.
4. Warm-Kalt-Kontrast
Die Einteilung in warme oder kalte Farben basiert grundlegend auf unserer menschlichen Empfindung. Wasser oder Himmel gelten allgemein als „kalt“, wohingegen Sonne und Feuer als „warm“ qualifiziert werden. Im Farbkreis findet man diese warmen Farben in der Umgebung von Gelb und Rot, die kalten Farben bei Blau und Violett. Durch entsprechende Mischung ist es möglich, die Farbtemperatur zu ändern – Gelb kann beispielsweise durch Zugabe von Rot wärmer wirken, seine Farbthemperatur hat sich dadurch erhöht.
Der Warm-Kalt-Kontrast wird auch Nah-Fern-Kontrast genannt, da warme Farben gegenüber kalten nach vorne streben – man spricht hier auch von Farbperspektive. Grafik-Design macht sich diese unterschiedliche Tiefenwirkung von Farben bei Bedarf zunutze.
5. Qualitätskontrast
Dieser Der Kontrast entsteht durch Unterschiede in der Farbqualität bzw. Farbintensität, bzw. durch Unterschiede in Reinheit oder Textur der Farben. Zum Beispiel kann ein Kontrast zwischen einer glatten, gleichmäßigen Farbe und einer texturierten, unregelmäßigen Farbe erzeugt werden. Der einfachste, stärkste und wichtigste Qualitätskontrast ist eine reine Farbe (zB eine der Primärfarben) neben einer gleichhellen grauen Farbfläche. Dies wäre zudem ein Sonderfall des Qualitätskontrastes, nämlich der Bunt-Unbunt-Kontrast.
Das Beispiel rechts zeigt, wie sich die reine Farbe Gelb (das Quadrat in der Mitte) in Kontrast mit den gebrochenen Gelbtönen rings umher befindet (gebrochen bedeutet hier, dass der gelben Farbe etwas Schwarz hinzugefügt wurde). Auch wird sichtbar, wie sich die Farbe zu den grauen Flächen am Rand verhält (wäre wieder ein Bunt-Unbunt-Kontrast).
6. Quantitätskontrast
Der Quantitätskontrast bezieht sich auf das Größenverhältnis von zwei oder mehreren Farbflächen, daher zB von groß und klein, von viel und wenig. Er beschreibt also die zahlenmäßige Flächengröße der verwendeten Farben zueinander. Ein starker Kontrast wäre zB eine kleine gelbe Farbfläche auf einer violetten Farbfläche.
Von besonderer Bedeutung ist hier auch die Frage, in welchem Größenverhältnis zwei Farben stehen müssen, um gleich stark zu wirken. Laut Itten müssten bestimmte Mengenverhältnissen vorliegen – zB Gelb und Violett im Verhältnis 1:3, Orange und Blau im Verhältnis 1:2, Rot und Grün im Verhältnis 1:1. Dies sind im Kern sind dies jedoch keine mathematischen Berechungen, sondern subjektiv-visuelle Verhältnisse, die mittels geschultem Blick solcherart ermittelt werden.
7. Simultankontrast
Als Simultankontrast wird das Phänomen bezeichnet, dass Farben ihre Erscheinung gegenseitig beeinflussen, wenn sie nebeneinander liegend betrachtet werden. Zum Beispiel kann einrotes Farbfeld auf orangem Hintergrund deutlich stumpfer und getrübter erscheinen als auf einem grünem Hintergrund, obwohl es das gleiche Rot ist (siehe Beispiel rechts).
Auch ändert sich beim Betrachten die Farbthemperatur – der Sehsinn addiert in der Umgebung einer Farbe automatisch seine Komplementärfarbe (das rote Quadrat auf orangem Untergrund wirkt deutlich bläulicher). Die solcherart empfundenen Farben werden als induzierte Farben bezeichnet; der Simultankontrast ist also eine Farbempfindung des Betrachters, die nicht real vorhanden ist. Am besten lässt sich dieser Versuch an der Abbildung rechts durchführen, wenn man eines der orangen bzw. grünen Rechtecke abdeckt und sich auf das verbleibende Rechteck konzentriert,
Die Kunst der Farbe
Diese sieben Farbkontraste werden in Ittens Hauptwerk Die Kunst der Farbe explizit beschrieben und dargelegt. Seine Literatur wird hier jedem empfohlen, der mehr über Farbe und dessen Wesen erfahren möchte.